Bäckerei Mies-Hanrath

An der Hauptstraße 36 steht vielleicht das älteste Haus Schmidtheims, um 1600 erbaut, Hausname "Füsisch" oder Mieshaus. Es hatte früher, wie alle anderen Häuser, ein Strohdach und zeigt bis heute noch das alte Fachwerk, aus dem vor dem 20. Jh. fast alle Häuser bestanden. Typisch ist die zweigeteilte Haustür. 1936 kommt der Bäcker Leo Hanrath von Düsseldorf nach Schmidtheim. Er heiratet Maria Mies und bezieht im gräflichen Doppelhaus am Sägewerk eine Wohnung. Im Kellerraum beginnt er sehr bald mit der Fertigung von Teigstücken, die er anschließend zum Backofen bei Dicks bringt, um sie dort zu backen. Erst als er den Kellerraum in eine kleine Backstube umgewandelt hat, ausgestattet mit einem mit Kohle beheizten Ofen und einer Knetmaschine, kann er einen einigermaßen geordneten Backbetrieb aufnehmen. Das ist der Startschuss für eine sich in den nächsten Jahrzehnten stetig erweiternde Handwerksbäckerei. Weil ihm in den Anfangsjahren ein Auto fehlt, liefert er seine Waren, untergebracht in einem größeren Korb, eigenhändig per Fahrrad oder mit der Bahn bis nach Dahlem und Kronenburg aus. Der Bau des Westwalls bringt Hunderte von Arbeitern in unser Dorf. Die Nachfrage nach Backwaren steigt enorm an, so dass die Kapazitäten am Bahnhof nicht mehr ausreichen. Ein Ortswechsel muss her.

Zunächst wird eine neue Verkaufsstelle auf der anderen Straßenseite der Hauptstraße im Haus Peter Schröder eingerichtet. Danach wird die Verkaufsstelle in das elterliche Haus der Ehefrau Maria verlegt. Nebenbei legt 1940 Leo Hanrath die Meisterprüfung im Bäckereihandwerk ab. Der Aufschwung des jungen Unternehmens wird wenig später durch die Einberufung Hanraths zum Wehrdienst und seine Teilnahme am zweiten Weltkrieg unterbrochen. Nachdem er aus französischer Gefangenschaft nach Schmidtheim zurückkehrt, kann der Bäckerbetrieb wieder aufgenommen werden.                                                                                             

Wirtschaftsgebäude müssen nach 1950 der Verbreiterung der Hauptstraße weichen. Gleiches gilt für den Anbau. In den 1960iger Jahren betreibt eine Schwester der Ehefrau Hanrath in dem Fachwerkhaus einen kleinen Schmuckladen.                                                                                                         

Heute ist das Haus in Privatbesitz und steht unter Denkmalschutz.

Ein neues Haus wird neben die Bäckerei gebaut. Es dient einerseits als Wohnhaus, auch die Verkaufsstelle und die Backstube werden untergebracht. Hanraths verkaufen in den 1950er Jahren das erste selbstgemachte Eis in Schmidtheim. Zu Beginn der 1960er Jahre wird der Bäckereibetrieb noch einmal um die Errichtung eines kleinen Cafés erweitert. Einen großen Aufschwung nimmt die Bäckerei Hanrath durch den Einsatz eines Autos und die damit mögliche Belieferung der umliegenden Ortschaften mit frischen Backwaren in Form des Straßenverkaufs. Brötchen werden nach Vorbestellung früh morgens in die Häuser geliefert. 1962 legt Sohn Toni Hanrath seine Meisterprüfung ab. Gesellen finden Arbeit und Auskommen, Lehrlinge werden ausgebildet. Der Betrieb wird gründlich modernisiert. 1976 übernimmt Toni den Betrieb von seinem Vater Leo Hanrath und führt die Bäckerei bis 1996. Von 1996 bis 2018  wird der über 60 Jahre alte Betrieb durch die Berufsunfähigkeit des Meisters Toni Hanrath nur noch als Verkaufsraum der Bäckerei Heinen aus Marmagen als Filiale weiter genutzt.                           

Die Erneuerung der Hauptstraße im Jahre 2018 bringt zunächst das Aus für frische Backwaren in Schmidtheim.

2019 findet der riesige elektrische Backofen eine neue Bestimmung in Odessa/Ukraine. In mühevoller Kleinarbeit wird der Ofen in alle Einzelteile zerlegt und zur Grenze gefördert. Ob der Ofen je in Odessa aufgebaut und in Funktion genommen wird, ist nicht überliefert.

2020 ist im ehemaligen Café ein Nagelstudio eingezogen.

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